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Amtliche Bekanntmachung Landkreis Saalekreis

Amtliche Bekanntmachung


Der Landkreis Saalekreis erlässt zum Schutz vor der Geflügelpest auf der Grundlage von § 14a Abs. 1 Geflügelpest-Verordnung (GefIPestV) folgende
Allgemeinverfügung zur Abgabe von Geflügel im Reisegewerbe

  1. Die gewerbsmäßige Abgabe von Geflügel (Hühner, Truthühner, Perlhühner, Rebhühner, Fasane, Laufvögel, Wachteln, Enten, Gänse) außerhalb einer gewerblichen Niederlassung oder ohne eine solche Niederlassung zu haben (sog. Abgabe im Reisegewerbe) ist ab sofort nur noch gestattet, soweit das Geflügel längstens vier Tage vor der Abgabe klinisch tierärztlich oder im Fall von Enten und Gänsen virologisch mittels kombinierten Rachen- und Kloakentupfers mit negativem Ergebnis auf das hochpathogene und niederpathogene aviäres Influenzavirus untersucht worden ist. Im Falle von Enten und Gänsen ist die virologische Untersuchung in der Form durchzuführen, dass Proben von mindestens 60 Tieren je Bestand genommen und untersucht werden. Sofern weniger als 60 Tiere im Bestand gehalten werden, sind alle Tiere des Bestandes zu untersuchen.
  2. Über die erfolgte Untersuchung und deren Ergebnis hat derjenige, der Geflügel im Sinne von Ziffer 1 im sog. Reisegewerbe abgibt, eine tierärztliche Bescheinigung bei
    sich zu führen und diese der zuständigen Behörde auf Verlangen vorzulegen. Die Bescheinigung ist mindestens ein Jahr ab Ablauf des letzten Tages desjenigen Kalendermonats, in dem die Bescheinigung ausgestellt wurde, aufzuheben.
  3. Die sofortige Vollziehung der Maßnahmen zu Ziffer 1 und 2 wird im öffentlichen Interesse angeordnet.
  4. Diese Allgemeinverfügung tritt am Tage nach ihrer Bekanntmachung unter www.saalekreis.de in Kraft und kann beim Landkreis Saalekreis, Veterinär- und Lebensmittelüberwachungsamt, Oberaltenburg 4 b, 06217 Merseburg, eingesehen werden.
    Begründung:
    I.
    Das Virus der Aviären Influenza ist eine hoch ansteckende und für Geflügel tödliche Erkrankung und befindet sich derzeit wieder vermehrt in Ausbreitung. In Thüringen musste Mitte November 2023 nach dem Ausbruch in einem gemischten Bestand die Enten, Gänse und Hühner getötet werden. Aufgrund der Nähe zu Oberflächengewässern liegt der Verdacht der Einschleppung über Wildvögel nahe. Das Seuchengeschehen spielt sich vor allem im Bestand der Wildvögel, aber auch in erheblichem Umfang in Hausgeflügelbeständen ab.
    Eine Verbreitung des Erregers erfolgte u.a. nachweislich nach der Durchführung von Veranstaltungen mit Geflügel im November 2022.
    Unter Berücksichtigung der aktuellen Risikoeinschätzung des Friedrich-Löffler-Institutes wurde eine Risikobewertung für den Landkreis Saalekreis erstellt, welcher im Ergebnis die hier angeordneten Maßnahmen für erforderlich erachtet, um das Seuchengeschehen einzudämmen.
    II.
    Der Landkreis Saalekreis ist für die Überwachung der Einhaltung der Vorschriften über die Tierseuchenbekämpfung sachlich gemäß § 24 Abs. 1 Tiergesundheitsgesetz (TierGesG) i.V.m. § 6 Abs. 2 der Verordnung über die Zuständigkeiten auf verschiedenen Gebieten der Gefahrenabwehr des Landes Sachsen-Anhalt (ZustVO SOG LSA) und örtlich gemäß §§ 1, 3 Verwaltungsverfahrensgesetz (VwVfG) i.V.m. § 1 Verwaltungsverfahrensgesetz des Landes Sachsen-Anhalt (VwVfG LSA) zuständig.
    Zu Ziffer 1 und 2: Gemäß § 14a Abs. 1 GefIPestV kann die zuständige Behörde, soweit dies aus Gründen der Tierseuchenbekämpfung erforderlich ist, anordnen, dass Geflügel außerhalb einer gewerblichen Niederlassung oder, ohne eine solche Niederlassung zu haben, gewerbsmäßig nur abgegeben werden darf, soweit das Geflügel längstens vier Tage vor der Abgabe klinisch tierärztlich oder, im Fall von Enten und Gänsen, virologisch nach näherer Anweisung der zuständigen Behörde mit negativem Ergebnis auf hochpathogenes oder niedrigpathogenes aviäres Influenzavirus untersucht worden ist. Im Fall von Enten und Gänsen richtet sich der Umfang der Untersuchung nach § 13 Abs. 5 S. 1 Nr. 1, S. 2 und 3 Nr. 1 GefIPestV, welcher normiert, dass insoweit mindestens 60 Tiere des betreffenden Bestandes mittels
    kombinierten Rachen- und Kloakentupfers zu untersuchen sind bzw. bei weniger als 60 Tieren im Bestand der gesamte Bestand zu untersuchen ist. Des Weiteren regelt § 14a Abs. 1 GefIPestV, dass derjenige, der Geflügel abgibt, eine tierärztliche Bescheinigung über das Ergebnis der Untersuchung mitzuführen und diese der zuständigen Behörde auf Verlangen vorzulegen hat.
    Bei der Geflügelpest handelt es sich um eine hoch ansteckende und anzeigepflichtige Viruserkrankung des Geflügels und anderer Vogelarten, die schnell epidemische Ausmaße annehmen kann und damit Tierverluste und hohe wirtschaftliche Schäden zur Folge haben kann. Die Zeit zwischen Ansteckung und Ausbruch der Erkrankung kann mehrere Tage betragen. Infizierte Tiere können den Erreger bereits ausscheiden, bevor auf Geflügelpest hindeutende Krankheitserscheinungen auftreten. Erschwerend kommt hinzu, dass die Krankheitserscheinungen nicht typisch sind. Sie können auch im Rahmen anderer Erkrankungen auftreten. Daher besteht die Gefahr, dass die Geflügelpest sich unerkannt weiter ausbreiten kann. Die Gefahr der Einschleppung des hochpathogenen aviären Influenzavirus durch Wildvögel in Hausgeflügelbestände wird als grundsätzlich hoch eingeschätzt und ist in Deutschland in den Jahren 2022 und 2023 bereits mehrfach erfolgt, was Verluste der
    Tierbestände und wirtschaftliche Folgen für den betroffenen Tierhalter nach sich zog. Es ist daher nicht auszuschließen, dass die Geflügelpest in Hausgeflügelbestände eingetragen werden kann. In Abstimmung mit dem Ministerium für Wirtschaft, Landwirtschaft, Tourismus und Forsten wurde in der Rundverfügung vom 06.12.2023 des Landesverwaltungsamt Sachsen-Anhalt daher die dringende Empfehlung ausgesprochen, von der Ermächtigung des § 14a GefIPestV Gebrauch zu machen. Das Friedrich-Löffler-Institut empfiehlt in seiner aktuellen Risikoeinschätzung (01.11.-01.12.2023) die Abgabe von Lebendgeflügel im Reisegewerbe
    zu untersagen, um den Eintrag in Hausgeflügelbestände möglichst zu vermeiden.
    Das Eintragsrisiko wird als „Hoch" eingestuft.
    Aufgrund des aktuellen Seuchengeschehens und des damit einhergehenden Verbreitungsrisikos hält es der Landkreis Saalekreis für erforderlich, von der o.g. genannten Ermächtigung Gebrauch zu machen und den Verkauf von Geflügel im Reisegewerbe insoweit zu beauflagen. Vom Geflügelverkauf im sog. Reisegewerbe geht auch ohne akutes Seuchengeschehen grundsätzlich ein erhöhtes Verbreitungsrisiko aus, da üblicherweise eine Vielzahl an Standorten angefahren wird, um die Tiere dort zum Verkauf anzubieten. Durch das aktuelle Seuchengeschehen ist das Risiko, dass ein erkranktes Tier verladen wird, stark erhöht. Wird dieses sodann über weite Strecken transportiert, steigt das Risiko einer weiteren Verbreitung enorm an. Darüber hinaus wären in einem solchen Fall mögliche Verbreitungswege für die zuständige Behörde nur schwer nachverfolgbar, sodass auch keine oder nur erschwert Maßnahmen zur Eindämmung und Bekämpfung der Seuche ergriffen
    werden könnten. Die Anordnungen zu Ziffer 1 und 2 wurden unter Ausübung ordnungsgemäßen Ermessens ausgewählt und erlassen. Insbesondere wurde berücksichtigt, dass die Ermächtigungsgrundlage hinsichtlich der Frage, ob von der Möglichkeit der Beauflagung des Geflügelverkaufs im Reisegewerbe Gebrauch gemacht wird, Ermessen eingeräumt wird. Dieses hat der Landkreis Saalekreis in ordnungsgemäßer Art und Weise ausgeübt und aufgrund des oben beschriebenen erhöhten Verbreitungsrisikos von der Möglichkeit der Beauflagung zum effektiven Schutz vor einer weiteren Verbreitung der Tierseuche Gebrauch gemacht.
    Die Anordnungen zu Ziffer 1 und 2 sind auch verhältnismäßig. Sie dienen mit der angestrebten Eindämmung einer weiteren Verbreitung des Virus einem legitimen Zweck und sind auch geeignet, diesen zu erreichen. Mit Ihrer Befolgung wird zumindest im Landkreis Saalekreis ein möglicher Verbreitungsweg unterbunden, was im Ergebnis zu einem geringeren Risiko einer weiteren Seuchenverbreitung führt. Die getroffenen Anordnungen stellen auch das jeweils mildeste Mittel dar. Alternativ zu einer Fortführung des Verkaufs im sog. Reisegewerbe hätte lediglich noch eine gänzliche Untersagung des Verkaufs im Reisegewerbe erfolgen können, um diesen Verbreitungsweg möglichst auszuschließen. Dies hätte jedoch einen wesentlich größeren Eingriff dargestellt. Die Anordnung ist auch verhältnismäßig im engeren Sinne. Das öffentliche Interesse an einer Verhinderung einer weiteren Verbreitung der Seuche ist aufgrund der hierdurch gefährdeten teils hohen wirtschaftlichen
    Werte als ausgesprochen hoch anzusehen. Dahinter haben ggf. bestehende Interessen Einzelner zurückzustehen, auch wenn diese hierdurch wirtschaftlich belastet
    werden sollten. Dies gilt umso mehr unter dem Gesichtspunkt, dass eine jetzt erfolgende wirksame Unterbindung einer weiteren Ausbreitung dazu führen kann, dass sich die Situation schneller wieder entspannt und die Einschränkungen aufgehoben werden können, ohne dass hierdurch erneut ein wirtschaftliches Risiko für eine breite Masse an Geflügelhaltern entstünde.
    Zu Ziffer 3:
    Die Anordnung der sofortigen Vollziehung beruht auf § 80 Abs. 2 Nr. 4 VwGO. Die sofortige Vollziehung kann gemäß § 80 Abs. 2 Nr. 4 VwGO in Fällen angeordnet werden, in denen ein öffentliches Interesse an der unverzüglichen Umsetzung der behördlichen Maßnahmen besteht. Ein etwaiger Widerspruch verliert damit seine aufschiebende Wirkung. Das Eintreten der aufschiebenden Wirkung eines Widerspruches würde bewirken, dass die hier angeordnete tierseuchenrechtliche Schutzmaßnahme vorerst nicht befolgt werden müsste. Dies würde jedoch dazu führen, dass die Ausbreitung des betreffenden Seuchengeschehens nicht in dem konsequenten Maße verhindert werden würde, wie es bei einer derart hochinfektiösen Tierseuche erforderlich ist. Aus dem o.g. Krankheitsbild ergibt sich eine unmittelbare Gefährdung für die Gesundheit und das Leben von Geflügel, abhängig von der Bestandsgröße mithin auch für enorme wirtschaftliche Werte. Ein besonderes öffentliches Interesse an einer sofortigen Vollziehung ist hier gegeben, weil durch die Ausbreitung der aviären Influenza unter anderem die Gefahr von tiergesundheitlichen wie auch von wirtschaftlichen Folgen erheblich und deshalb unverzüglich zu unterbinden ist. Das Ergebnis eines ggf. folgenden Rechtsmittelverfahrens und eines sich ggf. anschließenden Klageverfahrens kann nicht abgewartet werden. Dies würde dazu führen, dass die Gefahr einer Ausbreitung der Seuche fortbesteht und nicht jede Möglichkeit ergriffen würde, eine Ausbreitung und damit die konkrete Gefährdung von Geflügelbeständen zu verhindern.
    Eine Abwägung der widerstreitenden Interessen fällt daher zu Gunsten des Interesses an einer effektiven Seuchenbekämpfung aus.
    Zu Ziffer 4:
    Auf Grundlage des § 41 Abs. 4 S. 4 des Verwaltungsverfahrensgesetzes kann für die Bekanntgabe einer Allgemeinverfügung ein von der üblichen Zwei-Woche-Frist abweichender Zeitpunkt bestimmt werden. Hiervon wurde vorliegend aufgrund der Dringlichkeit der Sache
    Gebrauch gemacht und der auf die öffentliche Bekanntmachung folgende Tag gewählt.
    Die dieser Entscheidung zugrundeliegende Dringlichkeit ergibt sich aus dem bereits dargelegten Umstand, dass es sich bei dem betreffenden Virus um ein hochinfektiöses handelt und bei einer Ausbreitung in großem Umfang Tierleid und wirtschaftliche Schäden drohen. Des Weiteren können tierseuchenbehördliche Allgemeinverfügungen gern. § 14a des Gesetz über die Tierseuchenkasse und zur Ausführung des Tiergesundheitsgesetzes (AG Tier-GesG) bei gegenwärtiger erheblicher Gefahr durch Rundfunk, Fernsehen, Lautsprecher, elektronische Medien oder in anderer geeigneter Weise bekannt gemacht werden, sofern
    die ortsübliche Bekanntmachung nachgeholt wird. Auch von dieser Möglichkeit ist aufgrund der gegenwärtigen erheblichen Seuchenverbreitungsgefahr Gebrauch gemacht worden.
    Rechtsbehelfsbelehrung:
    Gegen diese Allgemeinverfügung kann innerhalb eines Monats nach Bekanntgabe Widerspruch#erhoben werden. Der Widerspruch ist beim Landkreis Saalekreis, 06217 Merseburg, Domplatz 9 schriftlich oder zur Niederschrift einzulegen.

Ein Widerspruch gegen diese Allgemeinverfügung entfaltet keine aufschiebende Wirkung. Auf Antrag kann das Verwaltungsgericht Halle, Justizzentrum, Thüringer Straße 16, 06112 Halle (Saale) die aufschiebende Wirkung gemäß § 80 Abs. 5 VwGO ganz oder teilweise wiederherstellen.

Merseburg, 18.12.2023

gez. Hartmut Handschak
Landrat


Rechtsgrundlagen
- Gesetz zur Vorbeuge und Bekämpfung von Tierseuchen (Tiergesundheitsgesetz) vom
22. Mai 2013 (BGBl. I S. 1324) i.d.g.F.
- Verordnung zum Schutz gegen die Geflügelpest (Geflügelpest-Verordnung) vom 8. Mai
2013 (BGBl. I S. 1212) i.d.g.F.
- Verwaltungsverfahrensgesetz (VwVfG) vom 23. Januar 2003 (BGBl. I S. 102) i.d.g.F.
- Verwaltungsverfahrensgesetz des Landes Sachsen-Anhalt (VwVfG LSA) vom 18. November
2005 i.d.g.F.
- Verordnung über die Zuständigkeiten auf verschiedenen Gebieten der Gefahrenabwehr
(ZustVO SOG) vom 31. Juli 2002 (GVBI. LSA S. 328) i.d.g.F.
- Gesetz über die öffentliche Sicherheit und Ordnung des Landes Sachsen-Anhalt (SOG
LSA) vom 16. November 2000 (GVBI. LSA S. 594) i.d.g.F.
- Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO) vom 19. März 1991 (BGBl. I S.686) i.d.g.F.